08.11.2018

Artikel 13 und die Uploadfilter – diese Änderungen bringt die EU-Urheberrechtsreform

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08.11.2018

Artikel 13 und die Upload-Filter – diese Änderungen bringt die EU-Urheberrechtsreform

Selten wurde über ein Gesetzesvorhaben der Europäischen Union so kontrovers debattiert wie über die neue europäische Urheberrechtsrichtlinie und insbesondere deren Artikel 13. Bereits im Juli hatte das Europäische Parlament den ersten Entwurf der Europäischen Kommission erstmals aufgrund zahlreicher Kritiken abgelehnt. Im September allerdings nahm das Parlament einen überarbeiteten Entwurf an. Für Diskussionen sorgten im Vorfeld vor allem die auf Plattformen drohenden Upload-Filter und die Schaffung eines neuen Leistungsschutzrechts. Nachdem nun auch die internationale YouTube-Chefin Susan Wojcicki zu Protesten im Wege der Kampagne #SaveYourInternet gegen die Richtlinie aufgerufen hat, war der Aufschrei auf der Plattform groß. Nach Aussage von YouTube könnte die EU-Urheberrechtsreform dafür sorgen, dass nur noch eine kleine Anzahl an Videos von großen Unternehmen auf YouTube zugelassen werden könne und kleinere Creator von der Nutzung der Plattform ausgeschlossen werden müssten.


Wir zeigen in diesem Beitrag welche Änderungen tatsächlich auf die YouTuber und Nutzer im Internet zukommen und warum das Internet 2019 nicht untergehen wird.
 

Warum wird das Urheberrecht reformiert?

Die Überarbeitung der Richtlinie dient der Anpassung des Urheberrechts an die geänderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung und des Internets. Im Fokus stehen dabei vor allem die Plattformbetreiber und Videoportale, die als große Gatekeeper und Intermediäre einen wesentlichen Einfluss auf die Inhalte haben, indem Sie deren Auffindbarkeit und Upload kontrollieren können. Da die Anbieter wie YouTube und Facebook zudem in der Regel durch eigene Werbeeinnahmen an der kommerziellen Auswertung der Inhalte partizipieren, sollen nun die Rechte der Urheber gegenüber den Plattformanbietern gestärkt werden. Insofern sind u.a. die Videomacher diejenigen, die von der neuen Reform profitieren sollen.
 

Welche Folgen hat der Artikel 13 für das Internet?

Nach Artikel 13 des Entwurfs der Urheberrechtsrichtlinie sollen die sog. User-Uploaded-Content-Plattformen ("Anbieter von Online-Inhaltsweitergabediensten), wie YouTube und Facebook, bereits vor dem Upload von Inhalten sicherstellen, dass diese nicht gegen das Urheberrecht und die Rechte Dritter verstoßen. Um die Rechte der Urheber und deren Entlohnung zu stärken, sollen die Plattformen zunächst mit den Uploadern über die Inhalte verhandeln und von diesen eine kostenpflichtige Lizenz erwerben („Sie haben faire und angemessene Lizenzvereinbarungen mit den Rechtsinhabern zu schließen“). Kommt es allerdings zu keiner Einigung muss der Plattformanbieter mit Hilfe „effektiver und verhältnismäßiger Mittel“ verhindern, dass nicht lizenzierte Inhalte auf die eigene Plattform geladen werden, da die Plattform sonst selbst für etwaige Rechtsverletzungen verantwortlich ist. Dies könnten die Plattformen nach Ansicht vieler Kritiker nur mit Upload-Filtern (sog. Inhaltserkennungstechniken) erreichen, die vor allem die Gefahr des Overblockings beinhalten. Die Filter könnten nicht zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten unterscheiden, etwa wenn es sich beispielsweise um ein legales Zitat oder eine Parodie handelt und es besteht das Risiko, dass es so zu einer Zensur und der Einschränkung der Kunstfreiheit und Meinungsfreiheit kommt. In einem aktuellen Änderungsentwurf der Richtlinie ist dagegen nur noch von einem „Beschwerde- und Rechtsbehelfmechanismus“ die Rede und nicht mehr von Filterpflichten. Da die Plattformanbieter allerdings zukünftig selbst für die hochgeladenen Inhalte verantwortlich sein sollen, müssen sie wirksam verhindern, dass rechtswidrige Inhalte hochgeladen werden. Dies kann nur mit einem funktionierenden Filtersystem erreicht werden. Aber beispielsweise YouTube hat mit seinem Content-ID-System einen derartigen Upload-Filter bereits erfolgreich etabliert. Dieses System soll Google über 60 Millionen Dollar gekostet haben. Offen bleibt dabei allerdings noch die Frage, ob die Plattformbetreiber sich mit diesen Filtersystemen aus der Verantwortung zu ziehen können. Hier gehen die aktuellen Entwürfe derzeit noch auseinander.

Letztlich erscheint das von YouTube geschilderte drastische Szenario allerdings fragwürdig. Zwar kann es sein, dass die Plattformen neue Wege finden müssen, die Inhalte wirksamer zu kontrollieren. Für die Videomacher dürfte sich zukünftig allerdings nicht viel ändern. Vielmehr können Sie auf die Stärkung Ihrer Rechte gegenüber den Plattformen und auf eine bessere Vergütung ihrer Inhalte hoffen.
 

Was passiert mit dem Leistungsschutzrecht?

Nach Artikel 11 der Richtlinie soll ein neues Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseunternehmen eingeführt werden. Demnach soll die Nutzung digitaler Medieninhalte der Lizenzpflicht unterliegen. Das hätte zur Folge, dass bereits für kurze Texte und kleine Ausschnitte („snippets“) von Artikeln eine kostenpflichtige Lizenz erworben werden müsste. Relevant kann dies bereits bei einer Verlinkung werden, auch wenn lediglich die Überschrift des Artikels angezeigt wird. Zwar soll diese Regelung nicht für die private und nicht-kommerzielle Nutzung gelten, allerdings kann die Grenze beispielsweise bei einem Blogger fließend sein.

Obwohl das LSR in Deutschland bereits existiert, gab es in der Vergangenheit immer wieder Streitigkeiten darüber. Etwa führte die VG Media als Vertreter zahlreicher Presseunternehmen bereits einen Rechtsstreit mit Google. Darin ging es um die Darstellung von Texten und Bildern im Rahmen der Google Suche und von Google News. Letztere hat Google bereits mit einer Zustimmungspflicht versehen, sodass die Autoren nun die Genehmigung erteilen müssen, ob ihre Artikel mit einer Überschrift und kurzen Inhaltsbeschreibung bei Google News angezeigt werden. Eine Vergütung gibt es von Google dafür allerdings weiterhin nicht. Dies könnte sich durch die neue Urheberrechtsrichtlinie ändern, wenn sich das Leistungsschutzrecht zukünftig auch europaweit durchsetzt.
 

Ab wann gelten diese Änderungen?

Nachdem das Europäische Parlament den ersten Entwurf der Richtlinie nun angenommen hat, geht dieser jetzt in die Trilog-Verhandlungen. Im Rahmen dieser Verhandlungen kann sich an den aktuell vorliegenden Vorschriften und Änderungen noch einiges ändern, sodass die derzeit diskutierten Vorschläge noch nicht in Stein gemeißelt sind. Erst wenn die Richtlinie nach ihrer Verabschiedung in nationales Recht umgesetzt wurde, entfalten die Vorschriften unmittelbare Wirkung. Dieser Prozess kann noch einige Zeit in Anspruch nehmen, sodass vor 2020 nicht mit einer Gesetzesänderung zu rechnen sein wird.

Passend zum Beitrag ist folgendes Video bei YouTube erschienen.

 

Sebastian Laoutoumai, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Essen
Telefon +49 201 9220 24810
sebastian.laoutoumai@luther-lawfirm.com

 

Markus Heins, LL.M.
Wirtschaftsjurist
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Köln
Telefon +49 221 9937 25743
markus.heins@luther-lawfirm.com