15.01.2020
Ein Beitrag über Reverse Factoring-Transaktionen
Die finanzielle Optimierung von Lieferketten und Produktionsprozessen steht in vielen Industrien zunehmend im Fokus. Für Unternehmen gilt es dabei insbesondere zu vermeiden, dass eigene Liquidität für die Bezahlung von Zulieferern eingesetzt werden muss, bevor das Endprodukt an den Abnehmer geliefert und die entsprechende Rechnung von diesem bezahlt wird. Besonders in Zeiten, in denen Liquidität (d.h. Bankkredite) teurer oder schwerer zugänglich ist – wie es derzeit für Zulieferer in der Automobilbranche zu beobachten ist – erlangt dieses Thema größte Relevanz.
Die Automobilhersteller (OEMs) lösen dieses Problem für sich zunächst dadurch, dass sie in ihren Einkaufsbedingungen traditionell relativ lange Zahlungsziele für die Rechnungen ihrer Zulieferer vorsehen. Allerdings wirken sich solche langen Zahlungsziele naturgemäß zu Lasten der Zulieferer und deren Finanzierung aus und könnten diese daher zu Preissteigerungen zwingen. Um dieses Spannungsfeld aufzulösen, haben sich insbesondere in der Automobilindustrie sogenannte Reverse Factoring-Transaktionen (auch Supply Chain-Financing oder Confirming-Transactions) etabliert, um die langen Zahlungsziele der Rechnungen zu finanzieren.
Diese Transaktionen laufen stark vereinfacht wie folgt ab:
Rechtlich handelt es sich hierbei – wie beim normalen Factoring – um einen (echten) Forderungskauf. Die Besonderheit des Reverse Factoring besteht aber darin, dass die Transaktion nicht vom Gläubiger der Forderung (Zulieferer) initiiert wird (der Forderungen verkaufen möchte), sondern vom OEM als Schuldner der Forderung.
Die technische Abwicklung dieser Transaktionen läuft für die beteiligten Parteien in der Praxis sehr einfach und schnell ab, indem die Rechnungsabwicklung und ggf. der Forderungskauf vollständig „per Mausklick“ über das elektronische Rechnungssystem umgesetzt werden. Allerdings sind im Hintergrund eine Vielzahl an rechtlichen Themen (z.B. insolvenzfeste Veräußerung der Forderung (sog. True Sale), IPR-Themen bei der Abtretung von Forderungen) sowie bilanzielle Fragen (z.B. Behandlung von Reverse Factoring nach IFRS) zu klären.
Christoph Schauenburg, LL.M. (London)
Partner
Frankfurt a. M.
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