26.09.2019

Prozessfinanzierer II – BGH bestätigt Ende der Prozessfinanzierung erneut (BGH, Urt. v. 09.05.2019, Az. I ZR 205/17)

Auf den Punkt: Der BGH hat mit Urteil vom 09.05.2019 (Az. I ZR 205/17) erneut bekräftigt, dass von Verbraucherverbänden geführte Gewinnabschöpfungsklagen, die von einem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert werden, dem im Fall des Obsiegens eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG und damit dem Verbot unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB widersprechen und unzulässig sind. Bereits 2018 hatte sich der BGH in seiner Entscheidung „Prozessfinanzierer I“ (Urt. v. 13.9.2018 – I ZR 26/17) mit der Frage zu befassen, ob Verbraucherschutzverbände bei Gewinnabschöpfungsklagen mit Prozessfinanizierern kooperieren dürfen.

Background

Hintergrund der beiden Entscheidungen war das vermehrte Aufkommen von Gewinnabschöpfungsklagen durch klagebefugte Verbraucherverbänden wegen Vereinnahmung unzulässiger Pauschalen – insbes. im Zusammenhang mit Mahnungen und Rücklastschriften. Gerichtliche Verfahren wegen der Erhebung und Vereinnahmung unzulässiger Gebühren führen wegen der regelmäßigen Vielzahl geschädigter Abnehmer jedoch nicht selten zu Streitwerten, welche die Millionengrenze schnell überschreiten.

Entsprechend hoch ist das Prozesskostenrisiko der klagebefugten Verbände, welche die abzuschöpfenden Gewinne nicht selbst behalten dürfen – diese gehen im Falle des Obsiegens an den Fiskus – und im Gegenzug im Falle des Unterliegens die gesamten Prozesskosten selbst zu tragen haben.

Im Zuge dessen entwickelten zahlreiche Versicherer ein interessantes und für sie lukratives Geschäftsmodell: Sie boten den Verbänden an, für diese im Falle der Klageabweisung die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, sofern sie für den Erfolgsfall einen prozentualen Anteil am eingeklagten Gewinn zugesprochen bekommen. Dieser Anteil am eingeklagten Gewinn sollte nach den damaligen Vorstellungen als Teil der erforderlichen Aufwendungen der klagebefugten Verbände vom abgeführten Gewinn direkt abgezweigt werden.

Da das Bundesministerium für Justiz schon befürchtete, dass die Verbandsklagebefugnis aufgrund des eigentlich bestehenden Kostenrisikos anderenfalls in der Bedeutungslosigkeit versinkt, segnete es das Vorgehen im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes höchst offiziell ab.

Die Entscheidung

Der BGH stellte – entgegen zahlreicher instanzlicher Gerichtsentscheidungen und zahlreicher Stimmen in der Literatur – die Rechtsmissbräuchlichkeit derartiger prozessualer Vorgehensweisen nun zum zweiten Mal in Folge fest. Dabei stellte er zunächst fest, dass sich die Feststellung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht über eine Anwendung von § 8 Abs. 4 UWG ergebe, da dieser nicht auf Gewinnabschöpfungsansprüche anwendbar sei. Die Feststellung der Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich vielmehr aus einer Anwendung von § 242 BGB. Allerdings könnten bei der Prüfung eines Rechtsmissbrauches nach § 242 BGB die Umstände, die im Rahmen von § 8 Abs. 4 UWG einen Rechtsmissbrauch begründen, berücksichtigt werden. Die Ausübung von Befugnissen, die nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient, ist dabei sowohl nach § 8 Abs. 4 UWG als auch nach § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Im vorliegenden Fall resultiere die Rechtsmissbräuchlichkeit daraus, dass die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Vergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG widerspricht. Nach der Gesetzesbegründung soll die Klage auf Gewinnabschöpfung zur Herausgabe des gesamten Gewinns an den Bundeshaushalt führen. Hierdurch solle der Gefahr vorgebeugt werden, dass der Anspruch aus dem sachfremden Motiv der Einnahmenerzielung heraus geltend gemacht wird. Damit soll ein kommerzieller Anreiz für Gewinnabschöpfungsklagen vermieden werden. Diesem Ziel widerspräche es, wenn einer derjenigen, die dazu berechtigt sind, den Anspruch überhaupt geltend zu machen, einen Gewinnabschöpfungsprozess unter Einschaltung eines Prozessfinanzierers führt, dem mit Zustimmung des Bundesamtes für Justiz für den Erfolgsfall ein Anteil am Gewinn zugesagt worden ist. In einer solchen Konstellation wird der Anspruch auf Gewinnabschöpfung zumindest auch aus dem sachfremden Motiv heraus geltend gemacht, einen Anteil am abgeschöpften Gewinn zu erlangen.

Unser Kommentar

Lange Zeit waren Verfahren, die auf Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG gerichtet waren, eher selten. Gerade Streuschäden ließen sich aber über eine Gewinnabschöpfungsklage effektiv und gebündelt verfolgen, um so die Anreize für ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten zu nehmen. Hintergrund für die nur zaghafte Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruches mag dabei sein, dass ein Verband den Gewinnabschöpfungsanspruch geradezu altruistisch verfolgen muss. Vor diesem Hintergrund ist es sogar nachvollziehbar, dass ein Verbraucherschutzverband und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Wege suchen, den Gewinnabschöpfungsanspruch zum Zwecke eines umfassenden Verbraucherschutzes deutlich mehr zur nutzen. Der BGH hat aber der Praxis nun zum zweiten Mal eine Absage erteilt, dies mit Hilfe eines Prozessfinanzierers zu versuchen. Dem BGH ist dabei bewusst, dass seine Rechtsprechung den Gewinnabschöpfungsanspruch faktisch schwächt, dies ist jedoch vom ganz klaren Willen des Gesetzgebers so vorgesehen.

Für Unternehmen, die sich einer Gewinnabschöpfungsklage gegenüber stehen bedeutet die Entscheidung des BGH zunächst, dass jede prozessuale Möglichkeit genutzt werden sollte, herauszufinden, ob in dem eigenen Verfahren ein Prozessfinanzierer involviert ist. Dies kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass der Einwand des Rechtsmissbrauches erhoben wird und zwar mit der Begründung, dass ein Prozessfinanzierer involviert ist. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass dieser Einwand nicht ins Blaue hinein erhoben werden darf. Um den klagenden Verband in die sekundäre Darlegungs- und Beweislast zu drängen müssen gewisse Anhaltspunkte dargelegt werden, die darauf schließen lassen, dass ein Prozessfinanzierer auch im eigenen Verfahren involviert ist.


Sebastian Laoutoumai, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Senior Associate
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Essen
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