17.08.2021
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Hunde am Arbeitsplatz eine positive Wirkung auf die Motivation, den Stresslevel und die Zufriedenheit vieler Mitarbeiter haben. Doch was ist zu beachten, wenn die regelmäßige Mitnahme des Vierbeiners geplant ist und wie sieht die Rechtslage bei (Assistenz-)Hunden am Arbeitsplatz aus?
Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick.
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch darauf, ihren Hund mit zur Arbeit zu nehmen. Die Entscheidung darüber, ob der treue Gefährte mit ins Büro darf, obliegt nach aktueller Rechtslage stets dem Arbeitgeber und kann auch von diesem jederzeit widerrufen werden. Begründet wird dies mit dem in § 106 GewO geregelten Weisungsrecht des Arbeitgebers:
„Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.“
Dem Arbeitgeber steht demnach nicht nur bei der inhaltlichen Durchführung der Arbeitstätigkeit ein Weisungsrecht zu, sondern ebenfalls hinsichtlich des Ordnungsverhaltens im Betrieb (LAG Nürnberg, Beschluss v. 21. 08. 2001 - 6 TaBV 8/01). Letzteres bestimmt das betriebliche Zusammenleben der Mitarbeiter in der Gemeinschaft, welches durch Aufstellen von Verhaltensrichtlinien gewährleistet werden soll.
Befürchtet der Arbeitgeber, dass die Anwesenheit eines Hundes den Arbeitsablauf stören könnte, so ist er berechtigt, die Mitnahme des Hundes ins Büro zu untersagen oder die Erlaubnis hierzu an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen, z. B. an das Bestehen einer Tierhalterhaftpflichtversicherung. Bei seiner Entscheidung hat der Arbeitgeber auch diejenigen Mitarbeiter zu berücksichtigen und ggf. deren Einverständnis einzuholen, die unter einer Allergie leiden oder sich vor Hunden fürchten. Duldet der Arbeitgeber die Anwesenheit eines Hundes am Arbeitsplatz, so ist dies nicht automatisch als Änderung des Arbeitsvertrages oder als eine Zusage an die Mitarbeiter zu verstehen, auf unbegrenzte Zeit einen Hund mitbringen zu dürfen. Auch für die Annahme einer betrieblichen Übung fehlt es zumeist an der Feststellung eines entsprechenden Rechtbindungswillens des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber hat zudem den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten. Er kann nicht willkürlich und damit ohne sachlichen Grund dem einen Mitarbeiter das Mitbringen des Hundes erlauben und dies einem anderen Arbeitnehmer wiederum verbieten. Eine unterschiedliche Behandlung kommt aber bspw. in Betracht, wenn im Gemeinschaftsbüro ein Kollege mit Hundehaarallergie sitzt oder sich der Hund schlichtweg nicht für das Büro eignet, weil er aufgrund seiner Rasse oder seiner Erziehung nicht über eine längere Zeit still bleiben kann. Der Arbeitgeber muss sich also nicht generell für oder gegen alle Hunde im Büro aussprechen. Er kann durchaus die Erlaubnis vom Vorliegen bestimmter Kriterien abhängig machen, die einen ungestörten Arbeitsablauf sicherstellen sollen.
Eine Ausnahme gilt für Mitarbeiter, die zur Ausführung ihrer Arbeit auf einen Hund angewiesen sind. So bedarf es in den meisten Fällen keiner Erlaubnis des Arbeitgebers, wenn es sich um staatlich anerkannte Assistenzhunde (Blindenführhunde, Signalhunde und Servicehunde) handelt. In diesen Fällen greift der Diskriminierungsschutz nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Überdies verlangt die Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers, dass die Bedürfnisse von Mitarbeitern mit Einschränkungen bestmöglich geschützt und berücksichtigt werden, indem bspw. der Arbeitsplatz behindertengerecht ausgestaltet wird. Dies umfasst auch das Mitführen eines Assistenzhundes. Ein generelles Verbot des Assistenzhundes am Arbeitsplatz würde somit eine Schlechterstellung und damit eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bedeuten. Dieser kann die Erteilung der Erlaubnis nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe, wie Hygiene- oder Sicherheitsproblemen, verweigern.
Ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht, wenn es um die Zulassung von Hunden am Arbeitsplatz geht, ist noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf „Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“. Nicht von der Mitbestimmung umfasst sind hingegen Maßnahmen des Arbeitgebers, die sich ausschließlich auf die arbeitsvertragliche Leistungsverpflichtung der Arbeitnehmer beziehen und somit das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betreffen. Geht man davon aus, dass ein mögliches Hundeverbot unter die Frage der Ordnung des Betriebes zu fassen ist, bestünde folglich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Nadine Ceruti
Counsel
Frankfurt a.M.
nadine.ceruti@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 24795
Cyrielle Therese Ax
Senior Associate
Frankfurt a.M.
cyrielle.ax@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 27460